AUS DER GESCHICHTE DES KREISES SCHLESWIG-FLENSBURG


Die Geschichte des im Norden Deutschlands gelegenen Kreises Schleswig-Flensburg beginnt am 22. September 1867. Die „Verordnung betreffend die Organisation der Kreis- und Distriktsbehörden sowie die Kreisvertretung in der Provinz Schleswig-Holstein" schuf in dem vom preußischen Königreich nach dem deutsch-dänischen Krieg von 1864 okkupierten Gebiet 20 neue Landkreise. Der Kreis Flensburg umfaßte die Stadt und das ehemalige Amt Flensburg, den Flecken Glücksburg, einige Enklaven und die adeligen Güter im östlichen Angeln. Den Kreis Schleswig bildeten die Städte Schleswig und Friedrichstadt, die Flecken Kappeln und Arnis sowie das alte Amt Gottorf und die Landschaft Stapelholm.

Die Gletscherströme der Eiszeit haben die Landschaft geformt. Das fruchtbare Angeln ist eine von Flensburger Förde und Schlei begrenzte bucklige Landschaft mit flachen Kuppeln, Wiesensenken und Seen, in die kleine Waldstücke eingestreut sind. Angeln war ein freies, von Dörfern und Katenstellen geprägtes Bauernland. Nur im östlichen Teil vermochte der Adel eine florierende Gutswirtschaft zu betreiben. Die karge Geestregion konnte hingegen nicht von den natürlichen Gegebenheiten profitieren. Wenige, von dürftigen Äckern umgebene Dörfer lagen einst verstreut auf den Altmoränen. Im Unterschied dazu ist die historische Landschaft Stapelholm im Südwesten des Kreises ein von zahlreichen Eigentümlichkeiten geprägtes landschaftliches Kleinod in den weiten Niederungen von Eider, Treene und Sorge. Die auf niedrigen Höhenzügen erbauten Dörfer sind Zeugnisse einer wohlhabenden, aber auch widerständigen und einstmals freien Bauernkultur.

Baggerfunde in der Schlei datieren die Anfänge der Besiedlung in unserer Region bis in die mittlere Steinzeit vor mehr als zehntausend Jahren zurück. Weitere eindrucksvolle Großsteingräber in Angeln stammen aus der jüngeren Steinzeit. Ein großes Gräberfeld unter dem Marktplatz von Süderbrarup und Opferfunde im Thorsberger Moor deuten darauf hin, daß auch in den ersten vier Jahrhunderten nach Christi reges Leben im Angler Raum herrschte. Als im 5. und 6. Jahrhundert ein Großteil der Bevölkerung gemeinsam mit den Sachsen nach England auswanderte, gelangten jütische Einwanderer in unsere Landschaft. Erst seit dem 11. Jahrhundert gilt das Angler Bauernland wieder als dicht bevölkert. Auch der Stapelholmer Raum war wegen seiner verkehrsgünstigen Lage im frühen Mittelalter ein bevorzugtes Siedlungsgebiet. Die Kultivierung der kargen Geest hingegen begann erst 1761 mit der Anwerbung südwestdeutscher Kolonisten durch den dänischen König Friedrich V.

Um 800 nach Christi erblühte die Wikinger-Siedlung Haithabu oder Sliesthorp an der engen und wasserreichen Verbindung zwischen Nord- und Ostsee zu einem der wichtigsten Handelsplätze in Nordeuropa. Deren wirtschaftliche Bedeutung verdeutlichen noch heute zahlreiche Runensteine, ein bis zu zehn Meter hoher Schutzwall und das Danewerk als Befestigungsanlage, an der nahezu 400 Jahre gebaut worden sein soll.

Im 11. Jahrhundert übernahm die von Haithabu aus gegründete Stadt Schleswig deren Funktion als bedeutendstes Fernhandelszentrum im Ostseeraum. Schleswig verfügt über das erste Stadtrecht Nordeuropas, verlor aber mit dem Aufkommen der Hanse seit der Mitte des 12. Jahrhunderts seine Stellung an Lübeck. Als Herzogs- und Bischofssitz und als Zentrum der preußischen Provinzialregierung behauptete Schleswig aber seine bedeutende Rolle in der Landesgeschichte. Mit den Landesmuseen gilt die Schleistadt heute als Kulturmetrpole des Landes.

Dem 1357 urkundlich erwähnten Flecken Kappeln wurde 1830 das Stadtrecht verliehen. 1667 flüchteten 62 Familien aus der Stadt auf eine unbewohnte Insel in der Schlei, um der drohenden Leibeigenschaft zu entgehen. Dort entstand Arnis, das als kleinste Stadt Deutschlands 1934 das Stadtrecht erhielt. Die Geschichte des an der Flensburger Förde gelegenen Ostseebades Glücksburg mit seinem einzigartigen Wasserschloß von 1585 geht zurück bis ins Jahr 1210. Zahlreiche europäische Adelsfamilien sind mit der Herzogsfamilie verwandt. 1824 wurde Glücksburg zum Flecken erhoben und erhielt im Jahre 1900 das Stadtrecht.

Mehrfach wurde die Region Schleswig-Flensburg von kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem dänischen Nachbarn berührt. Soldatengräber und Gedenksteine zeugen von langen und leidvollen Auseinandersetzungen, die infolge der schleswig-holsteinischen Unabhängigkeitsbestrebungen im Revolutionsjahr 1848/49 ausbrachen. Einer ersten Unterdrückungswelle seitens der Dänen gegen die deutsche Sprache folgte nach dem Krieg von 1864 eine systematische Unterdrückungspolitik der Preußen gegen die dänische Minderheitsbevölkerung. Die Volksabstimmung von 1920 mit dem Verlust Nordschleswigs, insbesondere aber die kurzzeitige pro-dänische Bewegung nach 1945 entfachte die Gemüter beiderseits der Grenze erneut. Seit der Bonn-Kopenhagener Erklärung von 1955 gilt das nachbarschaftliche Zusammenleben von Deutschen und Dänen mit den jeweiligen Minderheiten als gelungenes Beispiel für die friedliche Lösung nationaler Interessenkonflikte.

Vor 1864 gliederte sich die Region Schleswig-Flensburg verwaltungsmäßig in die Ämter Flensburg, Gottorf sowie die Landschaft Stapelholm, an deren Spitze vom Landesherrn ernannte Amtmänner standen. Sie waren für Verwaltungs- und Justizangelegenheiten zuständig. Erst die preußische Verordnung von 1867 schuf unter Beachtung der strikten Trennung von Verwaltung und Justiz den Rahmen für die Entwicklung der modernen kommunalen Selbstverwaltung in Schleswig-Holstein.

Bis 1974 hat der Kreis Schleswig seinen Bestand weitgehend bewahren können. Allerdings schied die Stadt Friedrichstadt bei der Bildung des Kreises Nordfriesland aus dem Kreisverband aus. Aus dem alten Kreis Flensburg wurde nach der reformierten Kreisordnung 1888 die Stadt Flensburg ausgegliedert. Nach der Volksabstimmung von 1920 verlor der Kreis mehrere Gemeinden an den dänischen Staat. Die Novellen zur Amtsordnung 1968 und 1970 reduzierten die Anzahl der Gemeinden und schufen leistungsfähige und kostengünstig arbeitende Amtsverwaltungen unter ehrenamtlicher Leitung. Zusammen mit dem Kreis gewährleisten sie eine umfassende Betreuung der Bürger im ländlichen Raum. Der am 24. März 1974 aus dem Kreis Schleswig und dem Kreis Flensburg gebildete Kreis Schleswig-Flensburg gehört mit seinen 2.071 km2 zu den größten Flächenkreisen in Deutschland.